Die Schatzsucher sollen auch Touristen anlocken

19.03.2016

Die Schatzsucher von Schwedeneck Steinzeitfunde aus der Ertebølle-Kultur sollen auch Touristen anlocken – Frühere Siedlungen sind heute überflutet.

Vorsicht – ansteckend! In Schwedeneck verbreitet sich das Steinzeitfieber durch Funde an der Küste, im Wasser und an Land. Einheimische wurden längst von ihren steinalten Vorfahren infiziert und wollen nun auch Touristen anstecken.

SCHWEDENECK. Vorsicht – ansteckend! In Schwedeneck verbreitet sich das Steinzeitfieber durch Funde an der Küste, im Wasser und an Land. Einheimische wurden längst von ihren steinalten Vorfahren infiziert und wollen nun auch Touristen anstecken. Inge Zorn aus Stohl spürt das Steinzeitfieber seit fast fünf Jahrzehnten, der Keller ist voll mit Funden. Ihr geht es nicht um eine tolle Schausammlung, sagt die 71-Jährige. Sondern "um das Gefühl, diesen Kontakt zu haben" zu etwas, das ein Mensch vor etwa 7000 Jahren in der Hand hielt. Jan Reumann aus der Nachbarschaft wurde infiziert, als er eine über 6000 Jahre alte Klinge am Strand entdeckte. "Man findet immer was", sagt der 41-Jährige über die Schatzsuche. Wir leben in einem Gebiet, das außergewöhnlich ist.
Wo heute das Meer vor dem Schwedenecker Ortsteil Stohl schwappt, siedelten vor etwa 7000 Jahren noch Menschen. Entlang der Ostsee von Flensburg bis Travemünde gibt es etwa 50 steinzeitliche Siedlungsgebiete im Meer, erklärt Inge Zorn. Beim Aufspüren des schwedischen Flaggschiffs "Hedvig Sophia" 2008 vor der Küste Schwedenecks entdeckte man auch Reste einer steinzeitlichen Siedlung. Die Funde an der Ostsee stammen vom Ende der mittleren Steinzeit, erklärt sie – aus der Ertebølle-Ellerbek-Kultur, die nach Fundorten benannt ist. Klingenabschläge und Scheibenbeile aus Flint (Feuerstein) sowie Tierzähne und -knochen: Am Montag zeigt sie mit Jan Reumann Fundstücke in Binges Gasthof.
Jan Reumann weiß, dass viele Schwedenecker Steinzeitfunde hüten: "Doch sie wollen sie nicht öffentlich zeigen, aus Angst, dass das Landesamt für Archäologie sie ihnen wegnimmt." Doch daran hätten die Archäologen kein Interesse, erklärt der 41-Jährige: Das Landesamt sammle nur Informationen zu den Funden. Inge Zorn erzählt, dass Archäologen die Funde vor Stohl gerne genauer durch Taucher untersuchen lassen möchten, doch dafür fehlt Geld. Auch sie hofft, dass die Untersuchungen noch möglich werden. An Land gibt es mit Hügelgräbern und anderen Funden ebenfalls ein reiches Erbe in Schwedeneck: "Wir leben in einem Gebiet, das außergewöhnlich ist", sagt Jan Reumann: "Das ist ein Riesenschatz." Und den könnte man Touristen und Einheimischen zeigen. Seine CDU-Fraktionskollegin, die Gemeindevertreterin Gundula Staack, hatte deshalb angeregt, das steinzeitliche  Potenzial Schwedenecks zu nutzen, zum Beispiel durch eine Ausstellung. Am Montag lädt der Ortsverein zu einem "Talk vor Ort" über das steinzeitliche Siedlungsgebiet vor Stohl ein. Neben den Fundstücken bietet Berufstaucher Rolf Lorenz, der die "Hedvig Sophia" entdeckte, Einblicke in die Unterwasserarchäologie. Und wer selbst etwas am Strand gefunden hat, kann dazu etwas von Ur- und Frühgeschichtler Gerhard Dehning erfahren. Das kann ein ansteckender Abend werden! Steinzeitlicher "Talk vor Ort", Montag, 21. März, 19 Uhr, Binges Gasthof in Surendorf.

Quelle: KERSTIN V . SCHMIDT-PHISELDECK, kieler Nachrichten, 19.03.2016