Talk vor Ort "Die DDR: Ein Staat der Absurditäten - lachen oder weinen?"

21.03.2013

Am Mittwoch, den 20. März 2013 hatte die CDU-Schwedeneck in ihrer Veranstaltungsreihe "Talk vor Ort" in "Binge's Gasthof" nach Schwedeneck-Surendorf eingeladen.

Trotz des Winterwetters waren rund 80 Interessierte gekommen, um Thomas Lukow zu sehen, der zum Thema "Die DDR: Ein Staat der Absurditäten - lachen oder weinen?" im prall gefüllten Clubraum des Gasthofes sprach. Thomas Lukow ist freiberuflicher Referent für politische Bildungsarbeit aus Berlin, der anhand von vielen Anekdoten lebhaft schilderte, wie der Staat die Menschen in den Bereichen Jugendarbeit, Sport, Musik und Kirche manipulierte und bespitzelte. Und Lukow sprach aus eigener Erfahrung - wurde er doch einst selbst von der Stasi bei der Republikflucht erwischt und verurteilt. Unter den Gästen befanden sich auch einige Mitglieder der Landjugend und Teile des Geschichtskurses der Volkshochschule. In der anschließenden Fragerunde und Diskussion stieß ein Besucher mit seiner Aussage für Unverständnis, dass die "Linke" für ihn die wichtigste Partei sei und in der Bundesrepublik Deutschland mehr gestalten solle. Lukow nahm diesen Kommentar zum Anlass, allen Zuhörern deutlich zu machen, dass es sich bei der "Linken" um eine direkte Nachfolgepartei der SED handelt, die neben dem Parteivermögen auch die damlige Führungsriege übernommen hat. Der Referent machte klar, dass er diese Partei nicht wegen ihrer linken Ausrichtung verurteile, sondern für die Tatsache, dass sie eindeutig ihre Vergangenheit verschleiert und nur wegen diverser juristischer Winkelzüge noch nicht verboten wurde. Lukows Vortrag hatte die Menschen begeistert. Noch lange nach Ende der Veranstaltung setzen sich die Menschen bei Frikadelle und Schmalzbroten mit dem Thema auseinander.

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Das berichtete die "Eckernförder Zeitung" am 22. März von der Veranstaltung:

Stasi-Opfer Thomas Luckow

Zwischen lachen und weinen

Surendorf. Der Saal in Binges Gasthof drohte am Mittwochabend aus allen Nähten zu platzen, zusätzliche Stühle für die Gäste mussten herbeigeschafft werden. Der CDU-Ortsverband Schwedeneck hatte im Rahmen der Reihe "Talk vor Ort" den Berliner Referenten Thomas Luckow eingeladen, der einen Vortrag zum Thema "Die DDR: Ein Staat der Absurditäten - lachen oder weinen?" hielt und gut 80 Zuhörer waren gekommen, was auch die Vorsitzende Gundula Staack überrascht hatte. "40 oder 50 Gäste kommen öfter vor, aber so viele Teilnehmer sind schon erstaunlich", so Staack. Sie hatte Luckow während einer Berlinreise des Ortsverbandes bei einer Führung im Stasimuseum in der Berliner Normannenstraße kennen gelernt, wo Luckow ebenfalls tätig ist. "Er hat das so toll gemacht, dass wir seinerzeit spontan beschlossen 'Der Typ muss nach Surendorf kommen'", so Staack.
Und nun war er da und klärte die Zuhörer auf über die wahrhaften Absurditäten - man könnte auch "Hirnrissigkeiten" sagen - des DDR-Regimes. Wovon er redet, weiß Luckow nur zu gut. Wurde er selber doch 1981 wegen versuchter Republikflucht zu 20 Monaten Freiheitsentzug verurteilt, die er in Berlin-Hohenschönhausen und in Bautzen II abgesessen hatte. Und der Absurditäten gab es in der DDR viele: Von der Tatsache, dass man auf einen Platz auf einem Zeltplatz an der Ostsee jahrelang warten musste (und den Platzwart während der Wartezeit zu Weihnachten natürlich nicht vergessen durfte, damit der wiederum den reservierten Platz nicht vergisst) bis hin zur Zahl der Minister - immerhin gab es 46 Ministerien in der DDR, und jeder Minister hatte bis zu sieben Stellvertreter. Und ganz nach dem Motto 'Im Kommunismus sind alle gleich, nur manche sind gleicher' gab es natürlich auch reichlich Privilegien, was Luckow unter anderem an einem Beispiel des "ewigen Ministerpräsidenten" Willi Stoph veranschaulichte, bei dem man sich tatsächlich fragte, ob man nun weinen, lachen oder einfach nur den Kopf schütteln soll. Mit zum absurdesten gehörte wohl das Ministerium für Staatssicherheit (Stasi), eine Einrichtung der Sozialistischen Einheitspartei (SED). Mit den rund 200 000 inoffiziellen Mitarbeitern (IM) und 91 000 hauptamtlich Beschäftigten überstieg allein die Summe der Gehälter den Sozialetat des Landes. Luckow zeigte auf, wie IM - meist unter Druck - angeworben wurden, wie die Bespitzelung der Bürger durch die Stasi funktionierte und welch widersinnige Formen sie annahm. Viele Beispiele waren im sportlichen Bereich angesiedelt. Immerhin schaffte es die DDR weltweit im Sport in der obersten Liga mitzuspielen - wobei die Menschenrechte allerdings oftmals auf der Strecke blieben. Und Luckow wehrte sich. Wehrte sich gegen Verklärung durch "Ostalgie" und Verharmlosung sowie gegen Aussagen wie 'In der DDR war alles viel sozialer' oder 'So schlimm war es ja nun auch wieder nicht'.
Ein Dorn im Auge ist es Luckow, dass viele der Funktionäre nach der Einheit weiter in führenden Positionen sitzen. "Entscheidend ist, wie die Stasi-Verantwortlichen mit ihrer Vergangenheit umgehen", so Luckow. Und weiter: "Wenn sie offen und ehrlich sind und sich zur Wahl für ein politisches Amt stellen, ist es in Ordnung - vermutlich werden sie dann ohnehin nicht gewählt. Aber gerade diejenigen, die leugnen oder sagen, dass sie doch ,niemandem geschadet’ hätten sind es, die heute politische Ämter bekleiden". Es ist, so stellt Luckow fest, in der Ähnlichkeit vergleichbar mit dem Ende des Dritten Reiches, als dessen Funktionsträger teilweise anschließend sowohl in der Bundesrepublik als auch in der DDR in Staat und Politik wiederzufinden waren - wobei er natürlich nicht die DDR mit dem Dritten Reich auf eine Stufe gestellt sehen will.
Luckow hielt einen Vortrag, der die Zuhörer einerseits nachdenklich stimmte, andererseits durch sarkastischen Wortwitz und immer wieder wie nebenbei eingestreute humorvolle Bemerkungen zum Lachen animierte - ein lehrreicher und trotzdem unterhaltsamer Vortrag, bei dem die Zeit wie im Flug verging.

Quelle: Dieter Suhr am 22. März 2013 in der "Eckernförder Zeitung"